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Verkabelung richtig gemacht – aber wie?

Was Verantwortliche bei der RZ-Planung beachten sollten

Wie bei vielen Dingen, die später gut werden sollen, spielt auch im Rechenzentrum die grundlegende Planung eine wichtige Rolle. Dazu zählt neben der Infrastruktur oder baulichen Anforderungen respektive Änderungen auch die Verkabelung. Entsprechend sollte die Planung Betrieb und Zukunftsfähigkeit fokussieren, aber auch Störfälle, Redundanzen sowie Wartung berücksichtigen. Die wichtigsten Fragen für Planer sind dann: Was wird wozu gebraucht und wo soll es hingehen? Ein Planungsbeispiel.

So sollte berücksichtigt werden, welche Komponenten aktuell genutzt werden und welche in den folgenden Jahren bereitgestellt sein müssen. Wichtig ist bei der Auswahl der Komponenten dann nicht nur die Erstinstallation, sondern auch die Betrachtung des laufenden Betriebes sowie des Generationswechsels der aktiven Systeme nach etwa drei bis vier Jahren. Dafür muss die Verkabelung einfach und praktisch ausbaufähig sein. Hier wird zur zukunftsfähigen Erweiterung Platz in den Schränken benötigt, denn Komponenten werden nicht einfach ausgebaut und neue eingesetzt, sondern parallel im Betrieb eingebettet. Systeme sind idealerweise ökonomisch zeitsparend, funktionieren plug-and-play und sind mit wenigen Handgriffen einsatzbereit und gewartet.

Planung

Einer der ersten Schritte, aus der Sicht der Verkabelung, ist demnach die Entscheidung, ob das RZ im Singlemode im LWL-Bereich oder in Multimode-Struktur realisiert wird. Die Singlemode-Fasern sind deutlich günstiger als die Multimode-Fasern. Die Anschlusskomponenten bei Singlemode-Fasern etwas teurer. Höhere Bandbreiten können über Singlemode-Faser gefahren werden, jedoch sind die aktiven Komponenten hochpreisiger, Tendenz weiter fallend. Die Entscheidung ob Single- oder Multimode sollte demnach nicht nur technisch, sondern auch kaufmännisch betrachtet werden.

Die Multimode-Faser ist jedoch nach wie vor nicht zu vernachlässigen: In den letzten Jahren ist OM5 zum Schlagwort geworden, auch wenn bisher nicht viele Projekte im OM5-Bereich umgesetzt wurden. Aktuelle OM4-Verkabelungen weißen ähnliche Werte zu ihren OM5-Pendants auf, sind in der Regel günstiger. Entscheidender Unterschied ist jedoch: Neue Anwendungen auf OM5 werden zur Norm. Denn: Bisher wurden Multimode-Fasern nur mit jeweils einem optischen Fenster bei 850 oder 1.300 nm betrieben. Um die zunehmende Bandbreite zu sichern, wurde der neue Fasertyp OM5 mit erweiterten Übertragungseigenschaften entwickelt. Dieser ist um drei weitere optische Übertragungsfenster erweitert (880, 910 und 940 nm), um SWDM (Short Wave Division Multiplexing) einzusetzen. SWDM ist eine Technologie die vier Übertragungskanäle in einem Faserpaar ermöglicht. In Verbindung mit dem MPO-Steckverbinder (neue Typen dieses Steckers werden zurzeit erarbeitet), wird es in der Zukunft möglich sein, Übertagungen von 800 Gbit/s zu erreichen.

Im Multimode und Singlemode sind der MPO-Stecker, auch bekannt als MTP-Stecker, sowie der LC Duplex gängiger Standard. Beide Stecker werden als Single- und Multimode angeboten. Allerdings ist hier der LSH, beziehungsweise E2000, sehr beliebt, da er einfach im Handling ist und gute mechanische Eigenschaften aufweist. Beide Typen sind dann als PC- oder APC-Stecker gängig, unterscheiden sich also in der Art des Kontaktes (Physical Contact). Die Stirnfläche des APC-Steckers (Angled Physical Contact) ist um acht Grad geneigt, so dass die Rückflussdämpfung geringgehalten wird und damit mehr Dämpfungsbudget zur Verfügung steht. Der MPO ist im Singlemode immer ein APC-Stecker, wobei der LC als PC oder als APC zur Auswahl steht.

Betrieb

Zur Planung des laufenden Betriebs gehört auch der Umgang im Störfall. Störungen sind auch bei bester Netzwerkpflege nicht auszuschließen und müssen daher schnell diagnostiziert und behoben werden. Service und Ausfallzeiten können sehr teuer werden. Selbst bei redundant aufgebauten RZ gilt: Ist die aktive Seite blockiert, können dort keine weiteren Wartungen durchgeführt werden. Schlimmstenfalls, falls dort ein Fehler auftritt, kommt aus zum Ausfall. Zeit ist ein kritischer Faktor, weshalb die Fehlersuche und -behebung schnell abgehandelt werden muss.

Störfälle auf der Hardwareseite sind recht leicht zu identifizieren, hierbei können Techniker direkt an der Maschine Fehler auslesen. Wenn jedoch der Fehler auf der Verkabelungsseite liegt, müssen die Leitung immer vor Ort verfolgt werden. Wurde richtig gepatcht, wurden alle Kontakte richtig angeschlossen und sind Oberflächen sauber? Vor allem letzter Punkt wird häufig unterschätzt. Dabei handelt es sich bei Verkabelungsstrukturen um sensible, qualitativ hochwertige Produkte, die einen gewissen Sauberkeitsstandard zulassen und voraussetzen. Komponenten, wie beispielsweise LED-Systeme in den Kabeln, erleichtern und beschleunigen im Fehlerfall die Suche nach zusammenhängenden Kabelenden. Damit senken sie den Zeitausfall und die Kosten im Störfall.

Ein weiteres verkabelungsseitiges Element des reibungslosen Betriebs ist die Packungsdichte. Sind hohe Packungsdichten gegeben, empfiehlt sich eine flexible Modulbauweise. So können einzelne Module in der Struktur ausgetauscht werden. Selbstverständlich wirken auch dünnere Kabel der Packungsdichte entgegen. Dies muss bei der Planung im Kabelmanagement berücksichtigt werden. Bei der Erstinstallation kann mit hochfasrigen Kabeln in den Warmgängen im Doppelboden gearbeitet werden. Die Nach- und Patch-Verkabelung hingegen kann dann über- oder innerhalb der Schränke erfolgen.

Während früher durch Punkt-zu-Punkt-Verbindungen sehr viele Kabel benötigt und in Doppelböden verlegt wurden, gehören jene Doppelböden nicht mehr zum aktuellen Standard. Die Schwierigkeit bestand darin, dass bei zu vielen übereinander liegenden Kabeln die unteren nicht mehr oder nur schlecht ausgetauscht werden konnten. Gleichzeitig behindern sie die Luftströmung. Heute orientieren sich Kabelleitungen an den Kalt- und Warmgängen: Warme und kalte Luft wird so genutzt, dass der Platz durchaus für die Grundverkabelung mit hochfasrigen, dünnen Leitungen in den Warmgängen genutzt werden kann. Ein weiterer Vorteil solcher schlanken Leitungen ist, dass sie den Luftstrom nicht behindern.

Auch das Kabelmanagement innerhalb des RZ will frühzeitig beachtet sein: Stehen hier genügend redundante Wege zur Verfügung, die auch so angebracht sind, dass die Wartung ohne Abschalten der Geräte sichergestellt ist? Sind die Überlängen berücksichtigt, um unnötigen aufgewickelte Kabel zu vermeiden? Das Kabelmanagement ist zudem nicht bei allen Schränken gleich. Manche Schränke sind auf Server, andere auf Netzwerke ausgelegt. Wichtig ist hier die Verkabelungsstruktur: Nicht jeder Schrank benötigt eine Grundverkabelung. So kann zum Beispiel nur jeder dritte oder fünfte Schrank in einem Block angefahren werden. Damit ergeben sich kurze Patchkabel von Schrank zu Schrank und ganz nebenbei niedrigere Kosten.

Zukunftsfähigkeit

Selbstverständlich empfiehlt sich auch für die Verkabelung der Blick in die Zukunft. Damit ist nicht nur eine gewisse Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an sich ändernde Normen gemeint. Die Anforderungen an Rechenzentren steigen durch höhere Kompatibilität zu bestehenden Netzwerken sowie Übertragungsgeschwindigkeiten. Neue Kat.8.1-Verkabelungssysteme kommen auf den Plan, auch wenn aktive Endgeräte, die derartige Datenvolumina benötigen, noch nicht gängig genug sind. Aber: Eine Umstellung in ein paar Jahren könnte kostspielig werden. Daher ist es sinnvoll, durch entsprechende Modultechnik und Auswahl der Kabeltypen schon heute auf die zukünftigen Verkabelungsanforderungen vorbereitet zu sein und eine spätere Neukonfektion vermeiden zu können.

Ist ein Umbau dennoch notwendig, sollte dieser idealerweise unkompliziert umzusetzen sein. In Rechenzentren, die beispielsweise eine Redox-Anlage zur Brandverhinderung einsetzen, muss Servicepersonal infolge der Sauerstoffreduzierung medizinisch untersucht sein und darf sich nicht zu lange im RZ aufhalten. Hier ist es sinnvoll, eine sehr flexible Struktur samt Komponenten zu nutzen, die ich auch ohne großen technischen Aufwand auch in der Grundstruktur veränderbar ist.

Schließlich wird die Zukunftsfähigkeit auch maßgeblich von nur vermeintlich kleineren Dingen wie der Wartung beeinflusst. Ein sehr häufig unterschätzter Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Reinigung der Kabelstrukturen. Zu oft werden Kabel nur gepatcht. Dabei ist besonders Glasfaser sehr schmutzempfindlich. Bei steigenden Datenraten werden die Applikationen immer empfindlicher, Verschmutzung kann dann zu Verbindungsausfällen führen. Das zeigte sich im SAN Bereich bei der Umstellung von 4 Gbit/s auf 8 und 16 Gbit/s. Langfristig helfen die Fragen: Wie wurden die Kabel verlegt? Ist das notwendige Reinigungs- und Wartungsequipment vorhanden? Sind die Mitarbeiter so weit geschult, dass sie vor der Inbetriebnahme auch das vorhandene System reinigen und überprüfen? Am Ende ist keinem Verantwortlichen geholfen, wenn das RZ perfekt geplant und die IT-Infrastruktur hochmodern ist, aber Fehler im Kabelmanagement den Betrieb stören.

Autor: Stephan Elfe

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